Wenn einer eine Reise plant, steht am Anfang ein Haufen Bürokratie und abhängig von den individuellen Gegebenheiten die Entscheidung, ob man sich abmeldet aus Deutschland oder nicht.

HINWEIS/DISCLAIMER: Dieser Artikel beruht auf eigenen Erfahrungen und Recherchen aus dem Jahr 2021 und ist keine rechtlich fundierte Beratung! Gesetzteslagen können sich ändern und nehmt den Artikel bitte lediglich als Gedankenstütze, was alles beachtet werden sollte und keinesfalls als rechtlich fundierte Aussagen!

1. Private Bürokratie

Abmeldung oder nicht?

Wie bestimmt die meisten Menschen, die eine lange Reise planen, standen wir sehr schnell vor der Frage, ob wir uns aus Deutschland abmelden oder nicht. Diese Frage war für uns der Dreh- und Angelpunkt, war die Entscheidung für oder gegen das ein oder andere doch essenziell für den Rest der bürokratischen Hürden. Wir wohnten in einem gemieteten Haus. Eine temporäre Untervermietung kam für uns nicht in Frage, da das Haus für uns später zu klein sein würde und wir darin nicht länger wohnen wollten. Somit kündigten wir drei Monate vor Start unserer Reise fristgerecht unser Mietverhältnis. Damit hatten wir keine Räumlichkeiten mehr, die als Wohnraum zur Verfügung standen.

Viele andere Reisende melden einen Wohnsitz bei nahen Verwandten an – dazu benötigt man eine Wohnungsgeberbescheinigung und man kann sich dort melden. Dies ist aber nur möglich, wenn z.B. die Eltern selbst Eigentümer sind oder der/die Vermieter*in eine solche Bestätigung ausstellt. Achtung: wer eine Bescheinigung ausstellt, ohne dass die vermeintlichen Mieter die Absicht haben, tatsächlich einzuziehen, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit hohen Geldstrafen belegt werden kann. Diese „Grauzone“ hat dazu geführt, dass wir nach langem hin und her entschieden haben, uns aus Deutschland abzumelden. Gefühl im Bauch war etwas mulmig aber letztendlich war und ist es die richtige Entscheidung für uns gewesen. Das hatte einige Nachwirkungen, auf die wir im Folgenden immer wieder zu sprechen kommen werden.

Eine Abmeldung ins Ausland an sich ist allerdings kein Ding. Man geht zum zuständigen Bürgeramt (Termine können oft online vereinbart werden), schildert was man vorhat, bekommt staunende Augen zu sehen und am Ende einen Stempel im Personalausweis, dass man keinen Wohnsitz in Deutschland mehr hat. Außerdem haben wir die Abmeldebescheinigung erhalten, die wir für einiges verwendet haben.

Krankenversicherung

Mit der Abmeldung aus Deutschland erlischt die Sozialversicherungspflicht und damit die Krankenversicherung. Wir waren freiwillig gesetzlich versichert. Wie es bei privat versicherten Menschen funktioniert, können wir nicht beurteilen. Wir haben jedenfalls mit unserer Krankenkasse gesprochen und wir sollten für die Ruhendstellung der Versicherung die Abmeldebescheinigung des Bürgeramtes und die Versicherungspolice der neuen Versicherung einreichen. Damit wurde die deutsche Kranken- und Pflegeversicherung ruhend gestellt für die Zeit der Weltreise.

Es gab dann noch einmal eine kurze Verwirrung, da wir uns selbstständig gemacht hatten und weiterhin eine Geschäftsadresse in Deutschland besitzen. Wir werden auch alle Einkünfte, die wir hoffentlich erzielen, in Deutschland versteuern. Damit konnte die Sachbearbeiterin bei der Krankenversicherung zunächst nichts anfangen, denn ein Business in Deutschland zu betreiben, ohne in Deutschland ansässig zu sein, erforderte im Endeffekt eine Einzelfallentscheidung, die zu unseren Gunsten ausgelegt wurde. Zu unserem Business kommen wir weiter unten im Artikel noch einmal ausführlich, da wir alles parallel gemacht haben – full life changed – sozusagen.

Für die Zeit der Reise haben wir eine Auslandskrankenvollversicherung abgeschlossen. Da wir gerade erst gestartet sind, haben wir noch keine konkreten Erfahrungen mit unserer gewählten gemacht. Sobald wir aber erste Erfahrungen haben, können wir gerne berichten, ob wir zufrieden sind. Der Abschluss der Versicherung war jedenfalls einfach online möglich. Wir haben komplett für zwei Jahre bezahlt. Sollten wir früher zurückkommen, bekommen wir das Geld anteilig zurück. Uns war bei der Wahl wichtig, dass ein Krankenrücktransport weltweit inkludiert ist, Aufenthalte im Heimatland abgedeckt sind, sowie keine Selbstbeteiligung im Behandlungsfall ansteht. Wir werden sehen, wie es im Bedarfsfall abgewickelt wird aber momentan haben wir ein sehr gutes Gefühl bei der Auslandskrankenversicherung, die wir gewählt haben. Auch für Corona-Infektionen haben wir eine extra Bescheinigung ungefragt erhalten, sodass explizit dieser Fall ebenfalls versichert ist. Auf die Inkludierung von Vorsorgeuntersuchungen haben wir in unserem Fall verzichtet.

Versicherungen allgemein

Ca. 6 Monate vor unserem Start der Reise haben wir eine ausführliche Analyse unserer bestehenden Versicherungen vorgenommen. Mit den Ansprechpartnern der jeweiligen Versicherungen haben wir beratschlagt und letztendlich die Versicherungen gekündigt, die für uns nicht mehr relevant waren, z.B. Hausrat- und Glasversicherung oder ruhend gestellt, z.B. unsere Riester- und Lebensversicherungen. Gerade die Riester- und Lebensversicherungen sind ein beruhigendes Polster, denn wir würden im Notfall sehr schnell an das Geld dieser Verträge drankommen, indem wir sie an die Versicherung zurück verkaufen. Solange das aber nicht notwendig wird, liegt das Geld sicher verwahrt und wartet auf uns.

Was wir weiterhin laufen lassen, sind einzig die Haftpflicht- und Unfallversicherungen. Auch hier wurde geprüft, ob es noch sinnvoll ist oder eben nicht.

Alle Versicherungsträger haben wir darüber informiert, dass wir temporär keinen Wohnsitz mehr in Deutschland haben, was aber kein Problem war, solange wir eine Postadresse hatten.

Post

Kurz vor Auszug aus unserem Haus haben wir ein elektronisches Postfach eingerichtet. Hier gibt es verschiedene Anbieter und preisliche Unterschiede. Das Prinzip ist bei allen gleich – Die Post wird an eine zentrale Adresse umgeleitet, dort geöffnet und digital zur Verfügung gestellt. Anschließend können wir entscheiden, ob das Original vernichtet, oder weiter geleitet wird zu einer Adresse unserer Wahl in Deutschland. Wir lassen Post, die wir nicht vernichten möchten an Bastians Mutter weiterleiten.

Die erste digitale Post ist bereits eingetroffen und bisher sind wir überzeugt von diesem Prinzip. Man spart sich ein Haufen Papier und mit ein bisschen Disziplin läuft der Postkasten hoffentlich nicht über 😊Wir nutzen das Angebot von Caya. Wer es selbst ausprobieren möchte, kann gerne unseren Coupon nutzen. Wenn ihr den Code “ ckrj1qn2y8eha0d48m35jxrcz “ bei der Registrierung angebt, könnt ihr CAYA einen Monat lang kostenfrei nutzen.

Bank

Unsere Bank, bei der wir bereits seit vielen Jahren Kunden sind, haben wir ebenfalls darüber informiert, dass wir keinen Wohnsitz mehr haben. Das war in unserem Fall überraschenderweise kein Problem. Wir haben das System der Überweisungen/Umbuchungen auf das Push-Tan Verfahren umgestellt, haben eingestellt, dass jegliche Kommunikation nur noch elektronisch erfolgen soll und das war´s. Total einfach und ging besser, als wir es gedacht haben.

Wir haben noch für eine Vertrauensperson eine Bankvollmacht eingerichtet. Das war uns deshalb wichtig, da wir im Notfall jemanden in der gleichen Zeitzone sitzen haben wollten wie die Bank. Manche Dinge lassen sich dann einfach besser regeln.

Außerdem sollte unsere Bank wissen, dass wir eine lange Reise machen, da bei einigen Banken bei zu häufigen Auslandstransaktionen sicherheitshalber die Karten gesperrt werden. Bei uns ist ein Hinweis hinterlegt worden, sodass dies nicht passieren kann.

KfZ-Zulassung

Die Wohnmobilzulassung hat uns einige Recherchearbeit im Vorfeld beschert, denn Neuzulassungen von Fahrzeugen können nur in Deutschland gemacht werden, wenn man auch einen Wohnsitz in Deutschland hat. Was aber mit einer bestehenden Zulassung geschieht, wenn man sich abmeldet, dazu gab es wenig Anhaltspunkte. Schließlich haben wir aber den Hinweis gefunden, den wir gebraucht haben. Ohne Wohnsitz in Deutschland kann man einen sog. Empfangsbevollmächtigten eintragen lassen. Der ist dann dafür verantwortlich, dass der Halter des Fahrzeugs über alle eventuellen behördlichen Briefe oder ähnliches informiert wird. Dazu gab es bei unserer zuständigen Zulassungsstelle ein entsprechendes Formular. Das hat der Empfangsbevollmächtigte unterschrieben, eine Kopie des Personalausweises dazu gelegt und wir konnten mit einem Termin bei der Zulassungsstelle es entsprechend in den Kfz-Schein eintragen lassen.

Tipp: sagt bei der Zulassungsstelle direkt, was ihr machen möchtet. Dieser „Fall“ gilt als Exot und kommt nicht sehr häufig vor. Ich musste fast 20 Minuten warten, bevor die Sachbearbeiterin überhaupt rausgefunden hatte, wieviel ich für die Umschreibung bezahlen sollte. Mit 11,40 Euro war ich dabei 😊 Aber es hat wirklich gedauert, weil sie im ersten Moment keine Ahnung hatte.

Etwas komplizierter war die Versicherung des Wohnmobils. Hier hat es diverse Rücksprachen mit der Versicherung benötigt, damit die Versicherung aufrecht erhalten blieb. Die haben sich schwer mit der Wohnsitzabmeldung getan. Vielleicht liegt das auch individuell am Sachbearbeiter oder an der Versicherung, aber mich hat es ein paar Diskussionen gekostet. Letztendlich wurde auch hier der Empfangsbevollmächtigte als Kontaktadresse mit eingetragen. Aber kalkuliert hierfür etwas Zeitpuffer ein, um das zu klären, da ihr notfalls eine neue Versicherung suchen müsstet.

Kurz nachdem wir mit unserem Wohnmobil dann gestartet sind, kamen wir auf die glorreiche Idee, doch auf eine Waage zu fahren und mal zu schauen, wie schwer wir voll beladen sind. 3,9 Tonnen – der Schock saß! Das mussten wir erst einmal sacken lassen und überlegen, was wir nun tun sollten. Nach ein paar Diskussionen kamen wir zu dem Schluss, dass wir nicht um eine Auflastung des Wohnmobils drum herumkämen, denn über 400 kg einsparen erschien uns unmöglich. Wir fanden recht schnell eine Werkstatt, die uns anhand der Fahrzeugpapiere ein Gutachten erstellte, dass unsere Berta für ein höheres Gewicht technisch ausgestattet sei. Diese Werkstatt haben wir nie besucht! Sie haben von uns digital die Fahrzeugpapiere bekommen und eine Woche später war das Gutachten da. Dafür mussten wir einen Haufen Geld bezahlen. Aber nun gut – ging ja recht unkompliziert. Nächster Termin stand an – TÜV. Was haben wir uns für Gedanken darum gemacht, hatten wir zu diesem Zeitpunkt aufgrund diverserer Anfangsschwierigkeiten doch geringes Vertrauen in unsere Berta. Wir fuhren also mit wackeligen Knien zum TÜV. Die schauten sich die Papiere und das Gutachten an und klebten uns sofort das neue Typenschild in die Berta ein und wir bekamen eine neue HU-Plakette. 70 Euro – fertig! Wir schauten uns etwas ungläubig an, als wir 15 Minuten später vom Hof fuhren. Wir kamen mit einem relativ alten Wohnmobil, um von 3,5 auf 4,1 Tonnen auflasten zu lassen und weder die Werkstatt noch der TÜV schauten sich das Wohnmobil überhaupt an. Es war eine reine Formsache! Ob die Bremsen, Achsen, Federn, Reifen, etc… überhaupt für das Gewicht noch gut genug waren, hat niemand geprüft!

Für den dritten und letzten Schritt der Auflastung haben wir am längsten gebraucht – die Eintragung in den KFZ-Schein bei der Zulassungsbehörde. Der Termin war schnell vereinbart. Aaaaber – die Sachbearbeiterin war in unserem Fall völlig damit überfordert, dass da im Kfz-Schein bereits ein Empfangsbevollmächtigter stand. Es hat sage und schreibe über 45 Minuten gedauert, bis die Dame endlich die Papiere richtig ausgestellt hatte. Ich glaube, sie hat fünf Mal einen Schein gedruckt, bis endlich alles so drinstand, wie es sein sollte. 12 Euro hat uns das noch einmal gekostet.

Der „Akt“ der Auflastung ist aus unserer Sicht wirklich eine reine Geldmacherei. Es kann sein, dass es nur in unserem Fall so war aber eine reine Dokumentensichtung an drei verschiedenen Stellen und mehrere hundert Euro – das hat uns schon sehr umgeworfen. Ein bisschen wahnwitzig finden wir es immer noch – das ist wohl Bürokratie, wie sie im Buche steht!!!

Sonstige Verträge

Genauso wie die Analyse der Versicherungen haben wir ca. 6 Monate vor der Reise begonnen, unsere Verträge zu kontrollieren. Was muss wann gekündigt werden, was muss weiterlaufen, etc. Gerade der Festnetzanschluss hat eine ewig lange Kündigungsfrist. Mit der eingereichten Abmeldebescheinigung wurde der Vertrag dann allerdings sofort aufgelöst.

Die Abmeldebescheinigung kann dazu beitragen, dass ihr aus Verträgen schneller rauskommt, denn dann gilt oft ein Sonderkündigungsrecht, wenn man die Leistung gar nicht mehr in Anspruch nehmen kann. Es lohnt sich, das zu versuchen, wenn man nicht rechtzeitig gekündigt hat!

Bei Fitnessstudios funktioniert das aus eigener Erfahrung gut!

Ebenfalls kann mit der Abmeldebescheinigung die GEZ, also der Rundfunkbeitrag, gekündigt werden. Das kann einfach online erledigt werden. 

Steuer und Kindergeld

Mit der Abmeldung aus Deutschland ist man auch nur noch beschränkt steuerpflichtig in Deutschland, d.h. man muss nur das in Deutschland versteuern, was auch dort eingenommen wird. Klingt im ersten Moment gut, denn wenn man z.B. ein Sabbatical von einem Jahr macht und keine Einnahmen hat, muss auch nichts versteuert werden. ABER: man hat auch keinen Anspruch mehr aufs Kindergeld.

Das war für uns eine „bittere Pille“, denn Kindergeld ist natürlich sehr komfortabel und darauf zu verzichten, tut irgendwie weh. Aber nun gut, letztendlich ist es auch nachvollziehbar für uns, denn schließlich kehren wir Deutschland und dem System bewusst den Rücken zu und daher wäre „Kirschen picken“ echt doof.

Wir haben uns   selbstständig gemacht. Sollte das gut anlaufen, könnten wir beantragen, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu sein. Und dann würden wir auch wieder Kindergeld erhalten. Aber wir werden sehen, ob und wann das funktioniert, denn dazu müssen bestimmte Einkommensgrenzen überschritten werden.

Ausweise und Führerschein

Ein Blick auf die Gültigkeit der Ausweise lohnt sich definitiv auch! Aber das ist wohl allgemein bekannt. Wir hatten folgende Spezialität: unsere Kinder hatten bereits biometrische Reisepässe aus einer vergangenen USA-Reise, die auch noch ausreichend lang gültig waren ABER: es waren Fotos enthalten und man sagte uns, diese sollten so aktuell sein, dass man die Kinder erkennen könnte. Bei unserem Jüngsten zumindest war das ein Problem, denn in seinem ersten Reisepass war er noch als Baby abgebildet. Inzwischen passte das nicht mehr und er war ein Kleinkind geworden. Also mussten neue Fotos her und diese werden nicht einfach ausgetauscht, sondern es muss ein komplettneuer Ausweis erstellt werden. Drei von vier Reisepässen wurden also erneuert.

Wir Erwachsenen beantragten zusätzlich noch einen Internationalen Führerschein. Auf der Führerscheinstelle erfuhren wir, dass es zwei verschiedene für unterschiedliche Länder gibt. Das war uns neu – warum sollte es auch einen Führerschein geben, der überall auf der Welt gültig ist. Also beantragte Bastian beide, Nina beschränkte sich auf den, der mehr Länder abdeckte. Informiert Euch unbedingt, was Ihr für Eure Reise benötigt!

Fazit

Wir haben definitiv einiges dazu gelernt, als wir uns mit unseren Verträgen und Versicherungen beschäftigt haben. Der beste Rat, den wir geben können: sprecht mit den Verantwortlichen! Face-to-face oder auch per Telefon ließen sich die Dinge viel schneller und effektiver lösen. Eine Weltreise ist immer noch exotisch und kein „normales Business“ für die Gegenseite. Darüber sprechen hat uns einige Male eine Abkürzung beschert. Geht es an!

2. Business – Bürokratie

Als wäre die private Bürokratie nicht schon genug, haben wir den noch komplizierteren Weg gewählt und haben uns parallel selbstständig gemacht. Wir hatten eine Idee, einen Namen im Kopf, ein Konzept und einen Haufen Träume und dachten, das würde doch schnell alles umgesetzt werden können.

Pustekuchen – wir hatten uns entschieden, uns aus Deutschland abzumelden. Das ist für eine Gewerbeanmeldung ein ziemliches Hindernis, wie wir dann schnell bei der Recherche feststellten. Um ein Gewerbe in Deutschland ausüben zu dürfen, benötigt man eine physische Adresse in Deutschland. Ein online-Gewerbe – wie in unserem Fall – kennt das deutsche System nicht. Es muss irgendwo ein Briefkasten existieren, der von einer Person regelmäßig geleert wird und wo das Unternehmen erreichbar ist. Das bedeutet, man benötigt eine „ladungsfähige Geschäftsadresse“. Diese Tatsache hat uns erheblich viel Zeit gekostet. Schließlich fanden wir ein Business-Center, das genau solche Angebote bietet. Es gibt verschiedene Pakete, die man buchen kann, z.B. Adresse, inkl. Briefkasten und digitalem Scanservice bei Eintreffen von Post oder auch klassische Sekretariatsaufgaben, wie Telefondienstleistungen.

Wir haben uns für den Anfang für das „Basis-Paket“ entschieden, d.h. Adresse, Briefkasten, digitale Postzustellung, keine Telefondienstleistungen. Es gibt verschiedene andere Services für Neulinge, wie z.B. Steuerberatungen, Beratungen zur Gewerbeanmeldung, etc. etc. Alles kann gebucht werden, nichts muss. Für uns genau das richtige.

Tipp: Solltet ihr etwas ähnliches vorhaben, recherchiert bitte sehr gut! Wir sind leider auf einige unseriöse Anbieter gestoßen mit horrenden Preisen, die irgendwo im Ausland ihre Geschäftsadresse hatten. Wir haben uns bewusst für einen in Deutschland ansässigen Anbieter entschieden und sind sehr glücklich mit unserer Wahl.

Gewerbeanmeldung

Einen Stolperstein gab es dann dennoch, denn unsere Geschäftsadresse befand sich in einem anderen Bundesland als wir damals wohnten. Die Gewerbeanmeldung muss in dem Bundesland /der Stadt erfolgen, die für die Geschäftsadresse zuständig ist. Jede/r sagte uns, eine Gewerbeanmeldung sei völlig unkompliziert und man bekäme ganz schnell alles notwendige. Hmpf… war bei uns nicht so!

Die Gewerbeanmeldung ging online vonstatten. Wir bezahlten brav die Gebühr und warteten. Eine Woche, zwei Wochen,… langsam wurden wir nervös. Hatten wir irgendetwas falsch gemacht? Als wir gerade selbst anrufen wollten, klingelte das Telefon und eine Dame vom Gewerbeamt rief uns an. Sie würde unseren Antrag bearbeiten, verstünde aber nicht, was wir da eigentlich machen wollten. Wir haben ihr also kurz erläutert, was unser Konzept ist. Hm, okay, erst einmal war es das. Wir hörten wieder einige Tage nichts. Dann riefen wir noch einmal an und bekamen die Aussage, dass ein Bearbeitungsrückstand von ca. einem Jahr vorlag und wir einfach anfangen sollten. Ohne Bestätigung des Gewerbes? Ja, war die Antwort. Wir hätten ja angemeldet und damit könnten wir beim Finanzamt die Steuernummer beantragen. Ooookayyy, dachten wir – machen wir das.

Noch einmal zwei Wochen später rief uns die Sachbearbeiterin erneut an und fragte exakt die gleichen Dinge noch einmal und wurde etwas zickig, nachdem wir sagten, dass wir ihr das schon alles erklärt hätten. Nein, daran könnte sie sich nicht erinnern. Und überhaupt, warum würden wir ein Gewerbe an einem Ort anmelden, an dem wir physisch gar nicht arbeiteten – und dann noch aus einem anderen Bundesland. Geduldig erklärten wir noch einmal unser Konzept und unsere Beweggründe. Nach dem Telefonat blieben bei uns ratlose Gesichter aber irgendwie schienen unsere Erläuterungen Sinn zu ergeben. Ca. vier Wochen nach dem Einreichen des Antrages hatten wir die Bestätigung des Gewerbeamtes und „Bauers Backoffice & More – Nina und Bastian Bauer GbR“ war eeeendlich offiziell gegründet!

Steuernummer

Normalerweise wird die Steuernummer automatisch zugeordnet, wenn die Gewerbeanmeldung vollzogen wurde. Unser Business-Center sagte uns aber, wir sollten lieber nicht darauf waren, sondern parallel die Nummer beantragen, solange wir noch in Deutschland gemeldet seien. Das war ein Tipp, der für uns Gold wert war!

Um eine Steuernummer zu erhalten, kann man einen Antrag online über das Elster-Portal stellen. Es dauert ein paar Tage, bis man bei Elster so weit ist, dass man überhaupt registriert ist. Da kommt dann per Post ein Autorisierungscode! Warum sollte bei einem Online-Verfahren auch keine physische Post inkludiert sein (Sarkasmus Ende!). Egal, wenn man dann endlich bei Elster registriert ist, muss ein Erfassungsbogen ausgefüllt und an das zuständige Finanzamt geschickt werden. An dieser Stelle machten wir einen kleinen Fehler, der uns mehrere Wochen Zeit kostete! Wir hatten eine Geschäftsadresse und eine Adresse, von der die Tätigkeit ausgeübt wurde (Wohnung). Wir schickten die Anfrage an das Finanzamt der Geschäftsadresse. Das war falsch! Was aber dann passierte, hat uns niemand geglaubt, dem wir das erzählten. Das Finanzamt, an das wir den Antrag geschickt hatten, schaute sich zwei Tage nach Einreichung den Antrag an, stellte fest: „Ist falsch bei uns“, druckte den Antrag aus, schickte ihn per Post zum Landesamt für Steuern und das sollte den Antrag dann an die richtige Stelle schicken. Anmerkung von uns: WTF???!!! Als wir keine Antwort auf unseren Antrag erhielten, riefen wir beim Finanzamt an. Die sagten uns, es wäre falsch bei ihnen und wir müssten uns an das Finanzamt unseres Wohnortes wenden. Okay. Wir also dort angerufen – Freitagmittag (böser Fehler!) – schnauzte uns der Sachbearbeiter an, er hätte keine Unterlagen von uns. Als wir (noch mehr böser Fehler!) nachfragten, wie das sein könne, erläuterte er uns genervt, dass der Antrag – den wir online eingereicht hatten – wahrscheinlich noch auf dem Postweg irgendwo festhängen würde. Er erläuterte uns den Weg über das Landesamt für Steuern und sagte uns, dass das bis zu zwei Wochen dauern könnte, bis er überhaupt die Unterlagen hätte und dann müsste er es noch bearbeiten. Wir hatten mittlerweile etwas Puls, wurde die Zeit für uns doch langsam knapp. Nachdem wir hartnäckig weitere Fragen zum Prozess fragten, sagte uns der Bearbeiter, am einfachsten wäre es vermutlich, wir würden unseren Antrag zurückziehen und alles neu eingeben mit dem richtigen Finanzamt hinterlegt. Wäre wohl schneller, als auf den Postweg zu warten. Noch einmal – WTF??? Wir reichen ONLINE etwas ein, bekommen keine Kommunikation, dass etwas falsch eingereicht wurde, es wird der Antrag ausgedruckt, per Post woanders hingeschickt, die prüfen, wohin es gehen soll, schicken es dann wieder per Post weiter. Finanzämter bzw. Deutschland – das soll Digitalisierung sein???   

Wir beschlossen, uns zu beruhigen, bis Dienstag zu warten, erneut beim Finanzamt anzurufen und zu schauen, ob unser Antrag da wäre, bevor wir den Prozess wirklich neu starteten. War das bessere Gefühl, wie sich herausstellte. Dienstags riefen wir also noch einmal an. Ja, Antrag wäre da und würde diese Woche noch bearbeitet werden. Juhu! Einen Tag später rief der Sachbearbeiter an – warum wir eine Geschäftsadresse an einem Ort und die Geschäftsführung an einem anderen hätten. Das würde doch keinen Sinn machen. Überhaupt verlief das Gespräch etwas seltsam, klang doch an, wir würden irgendwelche „ominösen Machenschaften“ vorhaben. Es wurden diverse Unterlagen nachgefordert – Mietvertrag von unserer Geschäftsadresse, Rentabilitätsprognose des Geschäfts und einen Gesellschaftervertrag. Was? Gesellschaftervertrag? Der war doch nicht ein Muss! Wir hatten zu diesem Zeitpunkt keinen. Aber zum Glück findet man online alles und wir sind beide Betriebswirte. Also erstellten wir „mal eben so“ eine Rentabilitätsprognose für drei Jahre und einen Gesellschaftervertrag. Beides reichten wir noch am gleichen Tag ein, inklusive einer Erläuterung der abweichenden Adressen.

Offensichtlich hatte der Sachbearbeiter nicht damit gerechnet, dass wir das so schnell so gut und sinnvoll hinbekämen, und hatte damit keinerlei Handhabe mehr, die Steuernummer zu verwehren. Zwei Tage später erhielten wir einen Anruf, in dem er uns die Steuernummer mündlich mitteilte. Ein paar Tage später kam dann der Brief! Jiha!

Fazit:

Gründen in Deutschland ist nicht immer so einfach, wie es alle sagen. Besonders so „außergewöhnliche Konzepte“, die voll online laufen sollen, scheinen die Behörden nicht zu kennen und als „neumodischen Schnickschnack“ abzutun. Es dauerte in unserem Fall wirklich lange, die Legitimation zu erhalten. Wir hatten diverse Auseinandersetzungen mit verschiedenen Sachbearbeiter*innen in verschiedenen Behörden.

Tipp: Kalkuliert ein bisschen mehr Zeit ein, wenn ihr kein physisches, klassisches Geschäft auf die Beine stellen wollt. Zwischenzeitlich hatten wir bereits mit dem Gedanken gespielt, einen Anwalt einzuschalten oder im Ausland zu gründen. Letztendlich haben wir es hinbekommen, aber es war alles andere als einfach und kostete uns viele Nerven!

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