Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt… Unser erster Monat im neuen Zuhause war doch etwas anders, als wir gedacht hatten und es fiel uns ein wenig schwer, in dieses neue Leben einzusteigen. Das lag vor allem an der dicken Berta und an dem organisatorischen Fass ohne Boden, das sich da aufgetan hatte.
Aber fangen wir von vorne an.
Wie Ihr wahrscheinlich wisst, hatten wir vor, die dicke Berta von innen zu renovieren und nach unserem Geschmack herzurichten. Hatten wir auch getan. Ein paar Tage, bevor wir endgültig in die Berta einziehen wollten, bauten wir alle Türen und Schränke wieder ein. Was wir uns so einfach vorstellten, entpuppte sich als doch recht aufwendig, denn wie wir feststellten, hatte es den Klappen, Scharnieren und Co überhaupt nicht gefallen, sie auszubauen. Die Bohrlöcher waren ausgefranst, die Schrauben überdreht, Scharniere hielten nicht mehr, Push-Locks waren defekt… Wo sollten wir anfangen? Die Uhr tickte und wir hatten weder die Zeit noch das Know-How um das in der verbliebenen Zeit so zu richten, dass alles passte. Im Grunde genommen hätten wir alles komplett tauschen müssen aber wir entschieden uns, nicht alles so perfektionistisch zu betrachten, sondern erst einmal zu starten. Die Klappen und Türen hielten – wenn auch schief – und in unserem Kopf war der Traum vom Vanlife so groß, dass wir dachten, das ginge auch so. Statt vernünftiger Wohnmobilhalterungen an Schubladen ging auch die Kindersicherung aus der Drogerie… Man wird ja kreativ. Nicht schön, aber es hielt. Die besagte Kindersicherung ist übrigens immer noch dran (Stand September 2021), da wir irgendwie nicht genau wissen, wie wir das überhaupt richten sollen. Außerdem wird die Entfernung der geklebten Sicherung sicherlich unschöne Spuren hinterlassen.
Wir waren zunächst auf einem Campingplatz an unserem Heimatort, um die letzten organisatorischen Dinge zu erledigen (siehe auch den Beitrag „Bürokratie“ ), unser gemietetes Haus zurückzugeben und die letzten Sachen aus unserem Haushalt zu verkaufen, die wir nicht einlagern wollten. Insgesamt waren die letzten Wochen vor der Abreise sehr hektisch und anstrengend und wir waren froh, wie geplant starten zu können. Es fühlte sich noch nicht wie der Start in ein neues Leben an aber nun gut, es würde bestimmt bald los gehen. Der Platz selbst war sehr schön, lag direkt am Moselufer und hatte eine gute Pizzeria auf dem Gelände, dir wir regelmäßig in Anspruch nahmen! Unser Stellplatz lagt direkt am Spielplatz, so dass unsere Kinder die Tür vom Wohnmobil aufmachten – und direkt in der Sandkiste standen, was sie sehr lustig fanden.
Nach der Verabschiedung von Freunden und Bastians Familie in Koblenz ging es von der Mitte Deutschlands hoch in den Norden an die Ostsee, wo Ninas Familie wohnt. Dort wollten wir noch eine Familienfeier mitnehmen und dann starten. Der erste Platz, den wir gebucht hatten – am Strand – entpuppte sich als eine komplette Baustelle, die im Matsch versank. Wir waren völlig enttäuscht und entsetzt, dass wir viel Geld für so einen schlechten Platz bezahlt hatten, aber wir kamen da nicht mehr raus und versuchten, irgendwie das beste daraus zu machen. So verbrachten wir die Tage am Strand und mit Familienbesuchen.
Hier wollten wir noch das ein oder andere Teil am Wohnmobil reparieren, aber irgendwie kamen wir zwischen Abschiedsbesuchen, Kinderbespaßung und weiterem Papierkram einfach nicht dazu. Unser Stresslevel im Kopf war extrem hoch und wir fühlten uns getrieben.
Während unserer Zeit im Norden hatten wir geplant, eine gute Freundin von Nina an der Nordsee zu besuchen und freuten uns darauf, eine Nacht woanders zu sein, weg von dem Baustellenplatz.
Wir fuhren also gut gelaunt los. Doch kurz vor dem Ziel gab es plötzlich einen riesigen Knall im Wohnmobil und unsere Tochter kommentierte sehr trocken: „Oh, die Kühlschranktür ist abgefallen, Mama!“. Waaas? Tatsächlich… Bei voller Fahrt ist die Tür des Kühlschranks abgeflogen! Zum Glück ist niemandem etwas passiert und der Schaden an den Dingen, die in der Tür standen, hielt sich auch in Grenzen. Wir steuerten den nächstmöglichen Haltepunkt an und betrachteten den Schaden. Was war passiert?
Es lag an der unteren rechten Aufhängung der Kühlschranktür. Wie wir feststellten, war dort ein unentdeckter Vorschaden. Die Vorbesitzer hatten bereits selbst versucht, die Aufhängung zu stabilisieren und hatten den Schaden vertuscht. Hat offensichtlich nicht gehalten. Ihr könnt Euch vorstellen, wie unsere Stimmung war. Für die eine Nacht fixierten wir das Ganze provisorisch. Am nächsten Tag riefen wir eine Werkstatt an, fragten nach Hilfe und wurden abgewiesen. Wir recherchierten im Netz, ob wir eine neue Tür bestellen konnten – auch das ging nicht. Es gab nur ganze Kühlschränke, die natürlich wahnsinnig teuer sind.
Schließlich kamen wir auf die Idee, den Anschlag zu verändern. Diese Idee war dann unsere Rettung, denn nach längerem hin und her (wir sind ja keine Handwerker, sondern Betriebswirte!) haben wir es dennoch hinbekommen und konnten so den Kühlschrank erhalten. Die kaputte Stelle unten rechts an der Tür kaschiert nun formschön Panzertape…
Wieder zurück an der Ostsee kamen Ninas Eltern zu Besuch auf den Campingplatz. Ninas Mutter wollte helfen und Geschirr nach dem Abwasch einräumen und hatte prompt die ganze Front der Besteckschublade in der Hand! Nächste Baustelle eröffnet… Die Küchenschränke und Schubladen waren durch unsere Streichaktion etwas instabil geworden. Ihr erinnert euch – ausgefranste Bohrlöcher, überdrehte Schrauben… Auch hier improvisierten wir mit jeder Menge Panzertape.
Inzwischen waren wir doch ziemlich genervt von unserem Start und buchten uns spontan ein paar Tage auf einem Naturcampingplatz in Mecklenburg-Vorpommern ein. Hier konnten wir das erste Mal etwas entspannen und fanden sehr nette Campingnachbarn. Es hat richtig Spaß gemacht und brachte etwas Energie zurück. Insbesondere der Ausflug in einen Bärenwald war für die Kinder ein richtiges Highlight.
Auf dem Rückweg nach Schleswig-Holstein zur besagten Familienfeier kamen wir auf die Idee, erstmalig vollbeladen mit der Berta auf eine Waage zu fahren, da wir an der Ostsee noch einiges an Ausrüstung besorgt hatten. Der Schock saß tief, als diese 3,9 Tonnen anzeigte, schließlich hatten wir nur eine 3,5 Tonnen Zulassung. Wir mussten uns also mit der Auflastung beschäftigen. Auch dieses organisatorische „Wunderwerk“ könnt Ihr in unserem „Bürokratie-Artikel“ nachlesen.
Zurück an der Ostsee machten wir Erwachsenen uns dann mal Gedanken darüber, was wir wohl doch noch fixieren sollten, bevor die Fahrt so richtig los gehen sollte. Es kam eine relativ lange Liste dabei raus, die wir im Baumarkt einkaufen wollten. Wir kauften Schrauben, Scharniere, Winkel,… Alles zur Stabilisierung von Schränken, Schubladen und Co. Dann wurden zunächst die Küchenschubladen gefixt, die Tür vor dem Boiler endlich mit Magnetverschlüssen und einem Griff versehen und lockere Türen wieder festgeschraubt.
Stand September 2021: es ist immer noch nicht alles perfekt und eigentlich müssten wir noch das ein oder andere Teil austauschen, aber ganz ehrlich – irgendwie geht es und wir haben keine Lust mehr drauf, dauernd etwas zu reparieren! Wir wollen reisen und nicht das Wohnmobil restaurieren! Abgesehen von diesen Instandhaltungsarbeiten fühlen wir uns richtig wohl im Wohnmobil und sind gespannt auf all die vielen neuen Orte, an die uns die dicke Berta bringen wird!
Unsere letzten Tage an der Ostsee verbrachten wir also mit der Familie, feierten eine wunderschöne Konfirmation und verabschiedeten uns von allen. Hierzu buchten wir uns in einen Campingplatz ein, der nicht am Strand, dafür aber an einem See lag, der zudem noch über eine Wasserskianlage verfügte. Dieser war nicht nur günstiger, sondern auch wesentlich ansprechender als der Strand-Campingplatz, und wir hatten einen Stellplatz direkt am Seeufer. So konnten wir die Tage um die Familienfeier herum noch ein wenig genießen, Bastian konnte erstmalig Wasserski laufen und die Kinder hatten viel Zeit mit Oma und Opa.
Eigentlich war unser Plan, von der Familienfeier direkt weiter nach Dänemark zu fahren. Allerdings mussten wir noch einmal nach Koblenz zurück – Stichwort Auflastung Wohnmobil. Des Weiteren wollten wir ein wenig mehr Sonne genießen. So entschieden wir uns, statt in den Norden in den Süden aufzubrechen. Es ging also zurück in unsere Heimatstadt, wo wir uns um die Auflastung der Berta kümmerten.
Als wir das endlich erledigt hatten, war fast ein Monat vergangen und wir konnten ins Ausland starten. Doch wohin sollte es nun gehen? Wir beschlossen, unsere Kinder in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen, wie wir es zuvor auch schon getan haben. Unsere Tochter hat Anfang September Geburtstag und so fragten wir sie, wie sie ihren besonderen Tag gerne verbringen möchte. Schließlich hatten wir ihr zunächst versprochen, diesen Tag am Meer zu feiern. Als Alternative hatte sie allerdings noch einen weiteren Wunsch: Sie möchte gerne unter dem Eiffelturm sitzen und Macarons essen! Das sie diesen Wunsch aus einer Kinderserie entnommen hat, die in Paris spielt, lassen wir hierbei unerwähnt😊 Somit stand jedenfalls unser erstes Reiseland fest – Frankreich! Nicht geplant, wunderschön, und mit einem längeren Aufenthalt als gedacht! Und das ist es doch, was Vanlife – oder wie immer man das bezeichnen möchte, was wir gerade machen – ausmacht: Die Dinge nehmen, wie sie kommen, gelassen darauf reagieren und spontanen Impulsen nachzugeben, sich treiben lassen und sehen, wohin einen die Reise führt und was sie mit einem macht. Mehr dazu in unserem bald erscheinenden Blogartikel über Frankreich.
Oh Mann, da habt ihr schon einige erlebt, bevor es richtig losging. Das glaube ich gern, dass das Nerven gekostet hat. Aber für die Story ist es super -musste sehr schmunzeln beim Lesen 🙂
LG Nina
Sehr schön 😁 Wir wollen ja auch ein bisschen unterhalten. Danke für deinen Kommentar! 💚